Wracktauchen im Werbellinsee |
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Der Werbellinsee
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Der Werbellinsee, einer der schönsten Seen in der Nähe von Berlin, liegt bei Altenhof. Man fährt von Berlin kommend, die Autobahn in Richtung Prenzlau und nach ca. 80 km ist man schon da. Der See ist fast 10 km lang und etwa einen Kilometer breit. Er liegt tief eingebettet in einer bewaldeten Landschaft. Die Ufer fallen im Winkel von 45° steil ab, was sich auch unter Wasser so fortsetzt. Mit seiner mittleren Wassertiefe von 19 m gehört der Webellinsee zu den tiefsten Seein in dieser Region. Die tiefste Stelle beträgt mehr als 50 m. Seit 1965 gehört der Werbellinsee, der Grimnitzsee und die Bugsinseen zu einem großen Landschaftsschutzgebiet von ungefähr 3800 ha Fläche. |
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Antike Wracks
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Vom ortsansässigen Taucher H. erfuhren die Taucher des DUC, dass es im Werbellinsee mehrere antike Wracks gäbe. Das Bergungsteam des DUC war ja bei den Museen in und um Berlin schon hinreichend bekannt, nicht zuletzt durch die Bergung eines antiken Kaffenkahns, mit samt seiner Ladung und und den Gegenständen aus der "Bude", in der Oberhavel, zwischen der Insel Eiswerder und der Zitadelle Spandau. Wir hatten die notwendige Erfahrung und die dazu erforderliche umfangreiche Spezialausrüstung und besaßen das Vertrauen der Museen. |
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Wracktauchen
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Das DDR-Regime lag damals schon in den letzten Zügen, es war im März 1990 und so staunten die Grenzer nicht schlecht, als wir mit mehreren Fahrzeugen und Anhängern, beladen mit Bergungsgerät durch die Grenzsperren nach Ostberlin einfuhren, um von dort auf die Autobahn nach Prenzlau zu gelangen. Unser schriftlicher Auftrag öffnete auch den Schlagbaum des in unmittelbaren Nähe von Altenau gelegenen Kinderferienlager "Kinderland", welches durch die Volkspolizei bewacht worden ist. Vor dessen Ufer sollten zwei antike Wracks liegen. |
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Weitere Nachforschungen
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Für eine weitere Erforschung der Wracks mußte eine noch umfangreichere Ausrüstung herbeigeschafft werden. Zwei größere Boote wurden aus Berlin herangeschafft, vor Ort sind eine Taucherplattform und zwei Ruderboote angemietet worden. Kompressoren für Atemluft und für die Förderanlage, mit der die Sedimente aus den Schiffen durch eines eigens dafür konstruierte Sortieranlage gepumpt werden konnte, wurden gebraucht. Für die Taucher errichtete unser Taucher-Freund Niki ein riesiges Armeezelt, in dem die Taucher ruhen, schlafen, aber auch feiern konnten. Daneben gab es andere Zelte für die Taucher. Ein Anhänger voller PVC-Rohre für die Förderanlage (Durchmesser 110mm), etliche Spezialschellen und ein beweglicher Schlauch mit vorn angesetztem Saugrüssel und viele Meter Luftschlauch wurden zusammengesetzt. |
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Bergung der Fundstücke
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Dann sollte es endlich losgehen. Die Taucherplattform ist über einem Wrack verankert worden, senkrecht an ihr ist der Saugrüssel an seinem beweglichen Saugrohr und an ihm etwa 16m Förderleitung heruntergelassen worden. Unten über dem Grund ist eine Pressluftleitung angeschlossen worden, die Luft in das Förderrohr einblies. Die aufsteigende expandierende Luft erzeugte im beweglichen Saugrohr und Saugrüssel einen Unterdruck, durch welchen dann alles, was kleiner als 110 mm war, angesaugt und nach oben, an die Oberfläche gedrückt wurde. Versetzt vom Wrack ergoß sich der Schlamm, Sand und was sonst noch angesaugt worden ist, in eine sogenannte "Waschstraße", bestehend aus verschiedenen Sieben. Fleißige Helfer hatten alle Hände voll zu tun, damit ihnen keine antiken Gegenstände durch die Lappen gingen. Alle Fundstücke wurden in Körben gesammelt. Größere Gegenstände sind gleich unter Wasser aussortiert worden und traten ihren Weg nach oben in Körben an. |
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Arbeiten an den Wracks
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Die Arbeiten an den Wracks zogen sich über Wochen hin. Galt es doch, zwei Schiffe von einer ca. 70 cm dicken Sedimentschicht zu befreien. Die Taucher arbeiteten in ständig wechselnder Tiefe und waren auch oft zur Berichterstattung an der Oberfläche. Dadurch war eine Berechnung der Tauchzeit für den einzelnen Taucher schwierig. Der Einsatz von Tauchcomputern zeigte uns, das wir manchmal verdammt nahe am Zeitlimit waren, also gerade noch ohne eine Pause in 3 m Wassertiefe einzuhalten, auftauchen konnten. |
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Maße und Daten
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Wrackbergung nicht geplant
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An den Wracks waren einschließlich des Stammteams des DUC Berlin, bestehend aus, Rüdiger Snay, Matias Fischer, Andreas Vorwerg, Michael Kern und Günter Jürgens siebzehn Taucher im Einsatz, die zusammen 122 Stunden unter Wasser tätig waren. An Land und in den Booten sowie an den Sortiersieben waren 24 Helfer insgesamt 588 Arbeitsstunden im Einsatz. |
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Persönliche Eindrücke
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Was mich an der Aktion am meisten beeindruckt hat, ist, das sehr saubere Wasser des Werbellinsee, der stark abfallende Grund, das bereits nach 3 m Wassertiefe eiskalte Wasser, das einem sogar warm eingepackt in einem Trockenanzug frieren ließ, die Arbeiten am W 2, als ich damit anfing, die Sedimente aus der "Bude" zu entfernen. Das Wrack war auffällig gut in Schuß. Die Einfassungen der Bude waren besser verarbeitet, als in allen anderen Wracks, die wir kennen. Die losen Bretter der Bude behinderten zunächst die Arbeiten. Dann konnte ich die Bordwand auf der Landseite bis hinunter auf den Boden des Schiffes säubern. Dabei fiel mir auf, dass ab Oberkante Bordwand der lose Seegrund, bestehend aus reinstem Kies, in einem Winkel von 45° Grad in Richtung Seeufer anstieg. Entfernte ich jetzt die gesamten Sedimente aus der Bude, dann läge der darüber liegende Hang, bestehnd aus losem Kies, mit seiner Last auf der von innen freigelegten Bordwand, so dass diese einbrechen könnte. Die Sache war mir zu heikel und ich unterbrach die Arbeit an der Stelle. |
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Malstunde am Mastfuß
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Ich erinnere mich an meine "Malstunde" am Scherstock / Mastfuß. Um mir einen Sitzplatz zu verschaffen, mußte ich ca. einen Kubikmeter Pflastersteine über Bord werfen. Dann setzte ich mich in das so entstandene Loch auf den Schiffsboden und fertigte auf einem Alublech eine Skizze an. Mit einem Zollstock nahm ich die Maße ab und übertrug sie in meine Skizze. Ein paar kleiner Barsche beobachteten mich mißtrauisch. Es dauerte etwa 45 Minuten, dann kroch die Kälte in meinen Anzug und ich zitterte erbärmlich. Meine steifen Finger konnten den Bleistift nicht mehr richtig halten. Dann bin ich nach oben in die Wärme geflüchtet, mit der fertigen Skizze. Ab 3m Wassertiefe war es taghell und ich spürte die Wärme des Oberflächenwassers. |
Skizze Mastfuß W2 gefertigt: 5.6.90, in einem Loch von W2 sitzend, Wassertiefe 15 m |
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Dieser Bericht ist nach alten Aufzeichnungen und meinen Erinnerungen gefertigt worden. Sollte einer der Beteiligten an der Aktion diesem noch etwas hinzufügen wollen, dann bitte ich um Nachricht. |
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